Strandspaziergang? Kritik und Liebeserklärung - Urlaub in Dangast, wenn man eigentlich die Berge liebt

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Strandspaziergang? Urlaub in Dangast, wenn man eigentlich die Berge liebt

24. Mai 2021 Von Allgemein Kommentare sind deaktiviert

von Dorothea Pille

Wenn man die Berge liebt, in der wärmsten Ecke Deutschlands aufgewachsen ist und lieber Weißwein statt Bier trinkt, macht es einem Dangast nicht gerade leicht, sich hier oben in der norddeutschen Tiefebene wohl zu fühlen. Wenn man nach stundenlanger Fahrt die letzten Kilometer vor sich hat, führt der Weg in Richtung Dangast noch recht idyllisch eine baumbestandene Allee entlang, vorbei an klinkerverputzten Häusern – die wirklich sehr hübsch sind. Klinker heißen übrigens die kleinen rotbraunen Backsteine, aus denen hier oben die meisten Häuser gebaut sind. Und lässt man dann das Autofenster herunter, stellt sich mit der Salzluft in der Nase vielleicht doch so etwas wie Vorfreude auf das Meer ein.

Liegt Dangast überhaupt am Meer?

Die ahnungslose Erstbesucher*in wird wahrscheinlich sofort den Hauptstrand ansteuern und geradeaus nach Dangast hineinfahren. Schade nur, dass dann der erste Blick auf einen zentral gelegenen Campingplatz fällt. In dessen Mitte eine überdimensionierte Deutschlandfahne weht. Erst dahinter kann man den Jadebusen erkennen. Denn hier vom Urlaub am Meer zu sprechen, kann heikel sein:

Der Jadebusen ist nur über eine schmale Meerenge zwischen Wilhelmshaven und Eckwarderhörne mit der Nordsee verbunden. Entsprechend lang dauert es, bis die Flut das komplette Becken gefüllt hat. Kaum erreicht das Hochwasser die Uferkante bei Dangast, zieht es sich auch schon wieder zurück. Man muss wirklich Glück haben, wenn man hier oben das Meer sehen möchte. Und wenn es denn mal da ist, heißt das noch lange nicht, dass es zum Schwimmen einlädt. Zum einen muss man erst mal mindestens hundert Meter weit ins Meer hinein gehen, bis man überhaupt eine Wassertiefe erreicht, in der Schwimmbewegungen möglich sind. Wenn man allerdings so eine süddeutsche Frostbeule ist wie ich, wird man bei den hier üblichen Wassertemperaturen erst gar nicht in Erwägung ziehen, schwimmen gehen zu wollen.

Strandspaziergang? Leider schwierig…

Bleibt also zumindest der Strandspaziergang als Urlaubsbeschäftigung in Dangast? Auch hier trifft man recht schnell auf unüberwindbare Hindernisse: startet man unterhalb des Kurhauses, vorbei an nicht jugendfreien Kunstobjekten, wird man nach wenigen Metern von einem Zaun aufgehalten. Er umgibt unverständlicherweise den oben beschriebenen Campingplatz. Bleibt also die Alternative, mit dem Strandspaziergang im „Ortskern“ zu starten: Praktischerweise kann man dort auch sehr zentral das Auto auf einem großzügigen Parkplatz abstellen. Er ergänzt hervorragend den optischen Eindruck des – da haben wir ihn wieder – Campingplatzes. Die Spaziergänger*in orientiert sich in Richtung Osten, wo ein asphaltierter Fußweg erlaubt, dass man auch mit Schuhen bequem den Sandstrand passieren kann. Bis man abermals auf einen Campingplatz trifft. Dangast hat nämlich zwei. Wobei man diesen zumindest betreten und den Spaziergang noch einige Minuten fortsetzen kann. Linker Hand Schilfgürtel, rechter Hand Wohnwagen. Um am Ende in einer Schleife wieder zurück in Richtung Ortskern geführt zu werden.

Also auf den Deich

Hier muss nun erwähnt werden, dass erfahrene Nordseeurlauber*innen natürlich wissen, dass man hier oben nicht am Strand, sondern auf dem Deich spazieren geht. Das durfte ich schon vor über 20 Jahren erfahren, als meine zukünftigen Schwiegereltern bei meinem Antrittsbesuch einen Ausflug mit mir nach Vareler Hafen unternahmen. Dort bestiegen sie mit mir in stolzer Erwartungshaltung den Deich: „So, Dorothea, und weil du unser Gast bist, darfst du entscheiden, ob wir nun rechts auf dem Deich entlang gehen oder links.“ Meine Antwort blieb bis heute unvergessen: „Das ist mir eigentlich egal. Sieht ja eh überall gleich aus.“

Liebeserklärung: Ankommen und Seele baumeln lassen

Da fragt sich natürlich, warum ich nach über 20 Jahren immer noch jedes Jahr mindestens einmal in Dangast Urlaub mache? Zum einen muss man natürlich Kompromisse machen, wenn man als Südbadenerin mit einem Fischkopp verheiratet ist. Der ausgerechnet in Dangast ein Ferienhaus betreibt und leider nicht im Schwarzwald. Aber es ist doch auch sehr entspannend, hier oben anzukommen ohne die innere Unruhe zu spüren, einen Urlaubsort erobern zu wollen. Ankommen, die Seele baumeln lassen und vielleicht in der „Zweiten Heimat“ einen Aperitif genießen. Dabei kann man die Autos zählen, die den Parkplatz im Ortszentrum ansteuern, mit Blick auf den …. Aber lassen wir das!

In der „Zweiten Heimat“ hat der Wirt eine Flasche Ricard für uns reserviert, den hier ansonsten kein anderer Mensch trinkt.

Zweite Heimat eben!